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Testbericht aus Image-Hifi 3/2000
Inhalt
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| | | | | | | | Es ist Sonntag, wir haben Freigang, die unbequemen
Jacken sind weg, und die Wärter schauen nicht so genau hin. Freie
Bahn, nichts, wofür man sich entschuldigen müsste. Wunderbar.
Gehen wir also endlich in die Vollen und beschäftigen uns mit dem
"H 21 LB 15" von Bernard Salabert. Der ist Gott sei Dank nicht so
verrückt wie wir. Was im Klartext heißt, der Mann weiß
genau, was er tut. Beispielsweise verfügt der Franzose über
einen riesigen schalltoten Raum. In dem genaueste Messungen
stattfinden, die dem 20er Fullrange-Treiber superbe Daten bescheinigen,
so etwa ein mehr als beeindruckendes Zerfallsspektrum und ein schier
perfektes Einschwingverhalten. Ebenfalls genau dokumentiert ist der
Frequenzgang, der natürlich kaum dazu geeignet ist, HiFi-Freaks
außerhalb unserer Anstalt zu beeindrucken. Die würden
bemängeln, dass der Frequenzgang oberhalb von zwölf Kilohertz
abzufallen beginnt. Uns ist das natürlich Wurscht, denn wir haben
die Box schon gehört - aber dazu später mehr.
Sich
über die akustischen Vorteile eines Breitbänders lang und
breit auszulassen, hieße, Eulen nach Athen zu tragen. Jeder kann
sich ausmalen, welchen klanglichen Schaden selbst die einfachsten
Frequenzweichen anrichten, weiß, wie schwer es ist, mehreren
Treibern das Zusammenspiel beizubringen, ein Teamwork, das selbst im
Idealfall niemals so homogen, so kohärent sein wird wie die
Verhältnisse an unserem Breitbänder. Aber abgesehen von
einigen inzwischen höchst raren, superteuren und kaum noch in
brauchbarem Zustand aufzutreibenden historischen Chassis - von denen
einige höchst Erstaunliches leisten -, gab es bisher schlicht
keinen neuen Breitbänder, der die verlangten Qualitäten
besitzt. Es hat sich, was sehr bedauerlich ist, in der mit
großformatigen Scheuklappen gesegneten HiFi-Boxenwelt einfach
niemand für dieses Thema interessiert. Außer Bernard
Salabert. Der auch mit dem Know-how vergangener Tage hantiert,
zahlreiche der eben erwähnten, erstaunlichen Chassis analysiert
hat. Für Freaks, die sich auskennen, deshalb ein paar Daten
über den H 21 LB 15: Das gesamte bewegte System - Membrane,
Zentrierspinne, Spule plus die halben Anschlussdrähte - bringt
weniger als sechs Gramm Masse auf die Präzisionswaage. Der
Schwingspulendurchmesser beträgt 25 Millimeter, die Höhe der
zweilagigen Kupferspule acht Millimeter, ein 1,2 Tesla-Alnico-Magnet -
aus heutiger Sicht normalerweise viel zu teuer - treibt das Ganze an.
Wirkungsgrad satte 97 Dezibel, Nominalimpedanz 15 Ohm, Resonanzfrequenz
45 Hertz. Und natürlich eine Papiermembran. Der Korb ist aus
Glockenbronze mit superschmalen Stegen gegossen, um das Chassis auch
nach hinten weit "offen" zu halten. Der schwere äußere
Montagering ist separat aufgesetzt und besteht ganz bewusst aus einer
anderen Bronzesorte. Betreffs weiterer, eminent wichtiger feiner
Details hält sich Salabert vornehm zurück, was wir dem Chef
der in Frangouille angesiedelten Manufaktur nicht übelnehmen. Dort
entstand Ende 1996 das erste Chassis, bis jetzt sind rund 650 Exemplare
gefertigt worden. Selbstbauer wird es übrigens interessieren, dass
der in streng selektierten und dokumentierten Exemplaren gebaute H 21
LB 15 über den deutschen Vertrieb Auditorium 23 verkauft wird, das
Paar zu 2200 Mark mit lebenslanger Garantie für den Erstbesitzer,
diverse Bauvorschläge inklusive.
Lobenswert weit weg vom sattsam bekannten Mega-High-End
Tja
- das Auditorium 23. Eine Adresse, die als höchst polarisierend
bekannt ist: Kultstatus einerseits, Unverständnis andererseits.
Ein lobenswert großes Stück weit weg vom sattsam bekannten
Mega-High-End gelang es Auditorium-Chef Keith Aschenbrenner, eine
unverwechselbare Produktlinie aus Vertriebsarbeit plus eigener
Lautsprecherproduktion entstehen zu lassen. Den Charakter der
Auditorium-Erzeugnisse kennzeichnet durchweg eine, wie ich glaube, sehr
entschiedene, bisweilen nach außen hin sogar kantige, aber vor
allem sehr erwachsene, sehr einfühlsame Herangehensweise an das
Thema, welches nur mit "HiFi" höchst unangemessen beschrieben
wäre. Ich halte es für müßig, bezüglich einer
komplexen Sache, die nur durch eigene Hörerfahrung vermittelbar
ist, Buchstaben zu produzieren. Erwähnenswert scheint mir
allerdings, dass immer wieder Leute, die sich jahrelang unbefriedigt
durch den High-End-Dschungel geschlagen haben, in dem kleinen
Frankfurter Laden endlich ihr Verständnis von Musikwiedergabe
reflektiert sehen. Die Rondo ist das äußerst konsequente
Ergebnis eines Denk- und Lernprozesses, der sehr lange dauerte und
Einflüsse aus der Lautsprecher-Historie alles andere als leugnet.
Überlegen wir mal: Engagierten Selbstbauern sind bestimmt schon in
vielen Lautsprecher-Bauplänen älteren Datums ganz bestimmte
Materialangaben aufgefallen. Von 13 oder 16 Millmetern Sperrholz war da
die Rede, teilweise gab es genaue Daten zu bestimmten Verstrebungen,
die augenscheinlich zu dünn ausgefallen waren oder an
offensichtlich völlig unsinnigen Orten saßen. So mancher
wird da kopfschüttelnd auf Ignorieren geschaltet, alles gutmeinend
in dickstem MDF nachgebaut und womöglich eine klangliche
Enttäuschung erlebt haben. Noch ältere Dokumente sahen, zum
Beispiel für Beschallungszwecke, schon unglaublich dünne
Schallwände vor, die aus heutiger Sicht mitschwingen mussten, vom
damaligen, inzwischen vergessenen Verständnis her mitschwingen
sollten. Klar, fehlende Verstärkerleistung zwang dazu, den
Treibern möglichst hohen Wirkungsgrad beizubringen und
darüber hinaus nach weiteren Möglichkeiten zur
Schalldrucksteigerung zu suchen. Der Trick oder besser die Kunst lag im
gewollten, eingeplanten und genau kontrollierten Mitschwingen des
Lautsprechergehäuses - ein Klangkörper entsteht, der
über eine viel größere schallerzeugende Fläche als
der Treiber selbst verfügt.
Damit
sind wir bereits am Kern der Sache angelangt, die zum Thema
Lautsprecher eine völlig andere Betrachtungsweise einnimmt. Wir
sind beim Instrumentenbau, bei dem eine Saite nur der Anregung eines
kunstvoll gebauten Resonanzkörpers dient - er ist es, der
letztlich den Klang erzeugt. Die Rondo folgt exakt diesem Prinzip, ihr
Treiber dient sowohl als direkt strahlende Schallquelle als auch als
Saite im Instrumentenkörper. Wir müssen uns eine prinzipiell
simple, nach hinten fast ganz zusammengebogene Schallwand vorstellen,
womit in der akustischen Konsequenz ein Dipolstrahler entsteht, der
einen praktisch gleich großen Schalldruck auch nach hinten
erzeugt. Und wir vergessen, obwohl hier notwendigerweise gebraucht,
gleich wieder das Wort "Prinzip". Denn wir haben soeben alle derzeit
bekannten, geläufigen, allseits akzeptierten Prinzipien des
Lautsprecherbaues in Bausch und Bogen über Bord geworfen. Ins
Wasser platschten dabei nicht nur die Thiele-Small-Parameter, das
eherne Gesetz "Du sollst nicht mitschwingen" plus alle bekannten
Abstimmungsarten, sondern auch - was viel schlimmer ist - der gesamte
Erfahrungs- und Konstruktionshintergrund geltender Lehrmeinung.
Das
Auftauchen des Salabert-Breitbänders traf bei den Leuten von
Auditorium 23 natürlich ins Schwarze, stand damit doch endlich ein
Chassis zur Verfügung, mit dem man langgehegte Träume
verwirklichen konnte. Genau hier muß nun ein Name ins Spiel
gebracht werden, der bislang nur Insider aufhorchen ließ: Norbert
Gütte. Er hat schon immer die Holzarbeiten für das Auditorium
realisiert, ist aber alles andere als der Schreiner im Hintergrund,
sondern vielmehr der Kreativpartner von Keith Aschenbrenner. Norbert
Gütte gelang es, nach zahlreichen Experimenten den
Rondo-Klangkörper zu realisieren, wobei der dahinter stehende
Fertigungsaufwand den Preis regelrecht günstig erscheinen
läßt. Als eigentlicher Trick am Gehäuse muss die
selektive Ableitung der Schwingung in das unter einem definierten
Spannungsverlauf stehende Drei-Millimeter-Sperrholz gelten. Es arbeitet
im Verlauf fallender Anregungsfrequenz zunehmend mit, wobei sich am
unteren Rand der Box Auslenkungen in der Größenordnung des
Membranhubs einstellen. Durch diese Filterfunktion wird die Rondo im
Bass- und Grundtonbereich sogar zu einem Rundumstrahler mit
riesenhafter Membranfläche. Auffallend ist die Tatsache, dass sich
aus den rückseitigen Öffnungen ein nahezu unveränderter
Klang ergießt - man kann die Box ohne weiteres schlicht umgedreht
hören.
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