Testbericht
aus
Image-Hifi
3/2001

Autor
Roland Kraft
























































































































Inhalt



 
Der Eingangs- und Treiberstufe verordnete der Japaner zusätzlich einen (Anoden-)Spannungsregler in Gestalt einer EL84-Pentode. Vom Prinzip her nicht minder seltsam sieht die Eingangsstufe aus. Denn wahrscheinlich ist Shindo Laboratory derzeit die wohl einzige Röhrenmanufaktur, die auf den Gedanken kam, eine alte Verbundröhre vom Typ ECL82 zu benutzen. Zu Zeiten altertümlicher NF-Verstärker und Röhrenradios äußerst praktisch, vereint die ECL82 eine Triode und eine kleine Endpentode in ihrem schlanken Glaskolben. Wozu dem gewöhnlichen, puristischen, notorisch auf vermeintliche Edelröhren schielenden Tweak wie immer nur einfällt, dass “sowas“ nicht klingen kann. Weit gefehlt. Ach ja, weil wir gerade so schön dabei sind, begucken wir uns zwischendurch gleich noch den völlig “unaudiophilen“, völlig abgefahrenen Lautsprecher-“Terminal“ mit den cool unvergoldeten vier Klemmschrauben, die eher an alte Telefonverdrahtung erinnern. Völlig logisch, “sowas“ kann auch nicht klingen, zumal es kaum möglich ist, die angesagten Gartenschläuche elektrisch leitend zu befestigen. Weiter im Text geht's übrigens mit zwei Cinchbuchsen, die ein echter HiFi-Freak höchstens an seinem Küchenradio dulden würde, plus den bei Shindo üblichen Pegelreglern im Eingang.

Nach dem als Spannungsverstärker benutzten Triodenteil der ECL82 geht es via Koppelkondensator - Shindo benutzt meistens, aber nicht immer, ältere Folientypen von Sprague -, zum Pentodenteil der Verbundröhre. Als Kathodenfolger beschaltet, dient diese kleine Endröhre als Treiber für F2a oder 300B. Mit der schon erwähnten EL84 werden die insgesamt vier Anodenspannungen der beiden ECL82 stabilisiert; das Netzteil versorgt natürlich beide Kanäle. Mithilfe eines der berühmten Ölpapierkondensatoren vom Typ Sprague “Vitamin Q“ ist schließlich die Endröhre angekoppelt, wobei die F2a-Variante im reinen Pentodenbetrieb läuft, Gitter 2 also über einen Widerstand an der Betriebsspannung hängt. Mit Ausnahme der Endröhren sowie der moderat ausgelegten Gegenkopplungsschleifen sind beide Verstärker im Großen und Ganzen gleich - ob in der F2a ein anderer Ausgangsübertrager zum Einsatz kommt, lässt sich nur vermuten. Auffallend auch, dass praktisch alle neueren Shindo-Verstärker nur noch über eine einzige Sekundärwicklung verfügen, die übliche Vier- oder Acht-Ohm-Anpassung des Übertragers ist nicht mehr vorhanden. Es verwundert nicht, dass die beiden Verstärker ziemlich unterschiedlich klingen. Dieser Umstand passt präzise zu der Einstellung, die Ken Shindo offensichtlich bereits seit Jahren hat. Um das in diesem Zusammenhang blöde Wort Philosophie - oder noch dümmer: Klangphilosophie - mal zu vermeiden. Keine Spur von Klang-“Züchtung“, schon gar kein Herumschwadronieren, dieses oder jenes müsse sich eben so und nicht anders anhören. Stattdessen: Stille. Null-Marketing sozusagen, kein Wort über sich selbst, keine Reklame, auch kein Wort über andere. Das ist nicht nur vornehm, sondern womöglich auch ein Plus bei jenen, die fünfstellige Summen bestimmt nicht bei Marktschreiern lassen.

Egal - zurück zur Praxis, und das heißt bei mir, dass sowohl die eine als auch die andere Cortese - ob der netten Lautsprecherklemmen nicht ohne Schimpfen - mit der Rondo von Auditorium 23 verbunden wurde. Und zur Abwechslung musste auch noch die Triangle Titus dran glauben, ein bekanntermaßen zwar kleines, preisgünstiges Ding, das aber einen Höllenspaß machen kann. Ziemlich schnell stellt sich dabei heraus, dass die Tetroden-Cortese einen kleinen, aber erwähnenswerten Leistungsvorteil für sich verbuchen kann: Die F2a macht anscheinend ein gutes Watt mehr locker. Dummerweise - so viel sofort - geht der Vergleich zwischen den beiden Endstufen in etwa so aus wie das Hornberger Schießen. Will sagen: Ein Vergleich ist hier ohnehin ziemlich unpassend und ich hätte schlicht gerne beide. Sowohl die bisweilen hemdsärmelige, wundervoll samtene und übermütig engagierte 300B als auch die obertonreiche, ruhigere, platzierungssichere F2a. Was die indirekt geheizte Beam-Power-Tetrode realisiert, ist sehr wohl dazu geeignet, die berühmte direkt geheizte Triode ab und an etwas altbacken wirken zu lassen, ihr zumindest in Bezug auf Artikulierungspräzision, Farbenreichtum und Feindynamik den Rang streitig zu machen. Was unter anderem daran liegen mag, dass die F2a eine Spur schlanker, dafür aber etwas tiefer und konturierter aufspielt, sich damit Vorteile in Sachen Durchsichtigkeit und Abbildungsgenauigkeit verschafft. Trotzdem offenbart die Poströhre keine auffälligen Mangelerscheinungen: Sie erzeugt nachhaltigen Druck und Körper, tut dies aber etwas schärfer umrissen als die 300B. Welche sich mit ihrem üppigen, panoramareichen und charaktervollen Klangbild widerum elegant aus der Affäre zu ziehen weiß.

Ich bin ziemlich sicher, dass Eintakt-Einsteiger die 300B vorziehen, Kenner jedoch dem anspruchsvolleren, etwas erwachsener wirkenden Klang der F2a letztlich den Vorzug einräumen würden. Anspruchsvoller nicht zuletzt deshalb, weil die mit der Poströhre bestückte Endstufe ein wenig mehr Drama, mehr Biss, vielleicht sogar einen Tick mehr Neutralität zu bieten vermag. Wo die 300B bisweilen - noch überzeugende - Milde walten lässt, beispielsweise bei Blechbläsern, wirkt die F2a authentischer, sie ist der anstrengendere Verstärker, der vom Zuhörer schlicht mehr Engagement fordert, dies aber stets reich belohnt. Was die Unterscheidung zwischen Laut und Leise betrifft, so vermag niemand - wenn es um Grobdynamik geht - einer guten 300B etwas vorzumachen, nicht einmal die Siemens-Röhre. Deren Stärke liegt vielmehr in der schlichten Menge dynamischer Substanz, sie differenziert unglaublich tief ins Geschehen hinein, reproduziert kristallklar feinste Pegelnuancen, die ansonsten gerne im Geschehen untergehen, verdeckt werden. Obwohl es, wie Kollege Egger sich zu Recht ausdrücken würde, völliger Bullshit ist, die Hardware an der Art der Musik zu messen, muss ich schon gestehen, die F2a-Cortese ein wenig als meinen “großorchestralen“ Verstärker benutzt zu haben - sie umschifft meisterlich die Klippen alter RCAs und Deccas, bohrt sich förmlich ins Getümmel, schaufelt wie durch die Lupe betrachtet Feinheiten ans Ohr und destilliert auf unnachahmliche Art und Weise das Wesentliche heraus. Vieles, was mich vorher kaum zu überzeugen vermochte, liegt jetzt öfters auf dem Plattenteller, respektive im Player...

Was nicht heißen soll, dass die ehrwürdige 300B dies ode jenes nicht könnte, sich gar tumb durchs Geschehen mogelt. Auch sie ist in der Cortese erwachsener geworden, spielt differenzierter und vor allem im Bass präziser. Im Vergleich zu früheren Shindos, wohl bemerkt - es gab, um den Versuch einer technischen Analyse zu wagen, damals keine Anodenspannungs-Regelung der Eingangsstufen, keinen Regel-Transistor im Netzteil und offenkundig andere Ausgangsübertrager. Den Vorwurf, der Altmeister sei angepasster, schlicht technischer geworden, muss ich freilich mit Pauken und Trompeten zurücknehmen; die neuen Verstärker, zu denen auch schon die in Heft 1/2000 besprochene Concertino zählt, sind respekteinflößende Beispiele für Eintakter, denen ohne böse Kehrseite ein paar Schwachpunkte ausgetrieben wurden.

Unter anderem gerät die Leistungsentfaltung - ich benutze dieses Wort bewusst trotz der Gefahr, dass sich ein paar Unbelehrbare mit 80-Dezibel-Stromvernichtern und 300-Watt-Endstufen kaputtlachen -, deutlich stabiler, was im Klartext einfach nur bedeutet, dass die Röhren viel später “zumachen“, sich angestrengt oder gar überlastet zeigen. Mit dem Wirkungsgrad der Rondo sind sauber reproduzierte Pegel drin, die nur mehr für Einfamilienhäuser taugen, zudem wird ein dicht gemaltes musikalisches Bild besser aufgelöst. Auch schon oberflächlich betrachtet also ein schlichter Benefit, falls unter den Lesern jemand ist, der Nadelstreifen-Jargon verstehen will. Okay - was tun, wenn beide Amps vorbehaltlos bleibenden Eindruck hinterlassen, beide, um es mal pathetisch auszudrücken, den Verfasser bis ins Altersheim begleiten dürften? (Apropos Lebensdauer: Eine als Weitverkehrsröhre spezifizierte Siemens-F2a wird wahrscheinlich kaum weniger Stunden Emission bieten als die WE-300B). Ein kurzer Schwenk zur Rondo, zu einem, wie sich herausgestellt hat, immer noch brandheißen Diskussionsthema: Sie geht mit der F2a eine Synergie-Ehe ein, profitiert von deren Subtilität, spektraler Vielfalt und Glattheit. Vom zarten Raureif der Triode, dem 300B-typischen Ungestüm, dem nicht fröhlichen, bewahre, sondern fast unbemerkt bleibenden Ausbügeln vieler Software-Klippen wird dagegen manch anderer “lauter“ Schallwandler gerne zehren, es käme lediglich darauf an, raffiniert zu kombinieren.

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Auch andere Mütter haben schöne Töchter. Wenn - wie in diesem speziellen Fall - derselbe Vater dahinter steckt. Was Ken Shindo der F2a entlockt, ist durchaus dazu geeignet, den Mythos Triode ein wenig zu entzaubern, zudem das Augenmerk wieder auf preisgünstigere Glaskolben zu lenken. Auch auf die Gefahr hin, dass die Top-Kombi des Japaners - ein Vorverstärker mit dem bezeichnenden Namen “Petrus“ im Teamwork mit sündteuren 300B-Monos - die Verhältnisse wieder zurechtrücken könnte. Dennoch: Die Cortese F2a beweist eindringlich, dass der Horizont eines Eintaktfans nicht nur bis zur Kathode einer 300B reichen muss.

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