| |
Testbericht aus Image-Hifi 3/2001
Autor Roland Kraft
Inhalt
|
| | | | | | | | Shindo Laboratory Cortese 300B/F2A
Die
Entdeckung, dass in ein und demselben Eintakter zwei verschiedene
Endröhren lieferbar sind, lieferte den Anlass zu dieser Story, in
der es auch darum geht, dass es eben nicht immer nur die
vielbeschworene Triode – genauer gesagt: die 300B – sein
muss.
Aber halt,
stop - ich bin ja schon wieder dabei, quasi mit der Tür ins Haus
zu fallen. Also zunächst zur Ortsbestimmung: Unser heutiges Motto
lautet Eintakt-Endstufe, womit wir wieder mal auf einem
hinlänglich bekannten Steckenpferd des Autors herumreiten.
Angesagt sind folglich weniger als zehn stolze Röhrenwatt sowie
dementsprechende Schallwandler. Übrigens ein Hobby, für das
man sich heutzutage nicht mehr regelrecht entschuldigen muss -
Wirkungsgrad plus ein paar Watt sind inzwischen salonfähig, ja
sogar angesagt, sind mittlerweile fester Bestandteil einer weltweiten
Röhren-Renaissance. Die ganz nebenbei der wieder gefertigten
Western-Electric-300B den stolzen Ladenpreis von 2700 Mark pro Paar
bescherte. Kein Wunder, wenn da so mancher erst mal trocken schluckt
und sich nach 300B-Äquivalenten umschaut. Derer gibt es
mittlerweile einige, womit klar wird, dass man der berühmtesten
aller Audio-Trioden so schnell wohl kaum das Wasser abgraben wird.
Nichtsdestotrotz werden Eintakter inzwischen auch mit geläufigen
Pentoden oder Beam-Power-Tetroden gebaut, was deutlich weniger
Röhrenkosten verursacht. In den USA spielen zudem sehr
preisgünstige, vorwiegend in Russland gefertigte Leistungs-Trioden
eine wichtige Rolle.
Ende
der 80er Jahre, als die französische Publikation L'Audiophile noch
als freakiges Selbstbau-Magazin fungierte, fand man dort auch eine
Bauanleitung für einen KT88-Eintakter. Was schlicht damit zu tun
hatte, dass die schon Jahre vorher in derselben Zeitschrift
beschriebenen Röhrenverstärker auf schwer erhältlichen
Bauteil-Raritäten basierten. Es war, wenn ich mich recht entsinne,
Jean Hiraga, der den besagten Verstärker nach klassischem Konzept
entwarf und, abweichend von den üblichen Trioden, eine
Beam-Power-Tetrode vom Typ KT88 einsetzte. Deren Schirmgitter hing an
einer 40-prozentigen Übertrager-Anzapfung - der inzwischen sehr
gesuchte Allround-Trafo Tango U-808 übernahm diesen Job -, wodurch
ein Eintakt-Ultralinear-Verstärker entstand. Das kleine Ding,
zudem mit Gleichrichterröhre plus edlem Bauteilsortiment versehen,
klang überraschend gut und “wuchtete“ immerhin zehn Watt an seine
Klemmen. Jahre später läuteten die Röhren-Freaks von
L'Audiophile mithilfe einiger Bausätze dann doch wieder die
HiFi-Trioden-Ära ein, übrigens als erste in Europa und lange
vor den Amerikanern. Es ist jetzt schätzungsweise 15 Jahre her,
dass ich beim Besuch des damals mit Kultstatus versehenen Pariser
Ladens von L'Audiophile etwa 200 Mark für zwei Hytron-VT52-Trioden
hinblättern musste und dachte, das sei teuer. Heute weiß
ich, dass es verdammt viel klüger gewesen wäre, kaltlächend das ganze Lager leerzukaufen...
Doch
zurück zum Thema. Und das lautet: Die Eintakt-Stereo-Endstufe
“Cortese“ von Shindo Laboratory. Ein in vieler Hinsicht
ungewöhnlicher Verstärker, der vom deutschen Vertrieb
Auditorium 23 in zwei Versionen erhältlich ist. Im
Standardprogramm des japanischen Röhrengurus Ken Shindo ist die
Cortese ein 300B-Verstärker, serienmäßig bestückt
mit der sehr guten 300B von Cetron. Die Variante der Endstufe ergab
sich durch den Umstand, dass Auditorium-23-Chef Keith Aschenbrenner
noch über einen “gewissen“ Lagerbestand an
Siemens-Tetroden vom Typ F2a verfügt. Die Größe dieses
Lagerbestands reichte jedenfalls für die Bitte an Ken Shindo, doch
einen seiner Verstärker entsprechend zu modifizieren. Letzteres
hört sich zwar nach einer schnellen Aktion an, doch damit ist es
im Shindo Laboratory natürlich nicht getan. Es verging ein Jahr,
bis endlich eine F2a-Cortese eintraf. Die, so viel gleich vorweg, eben
nicht mit einer in Triodenbetrieb beschalteten Tetrode ausgestattet war.
Doch
zunächst zur F2a, die auch in einer Version namens F2a11 gefertigt
wurde. Das Datenbuch (Ratheiser) sagt zur F2a11 Folgendes:
“Steile Leistungstetrode in Special-Quality-Ausführung,
speziell als Endröhre in Eintakt-, Gegentakt- und
Breitbandverstärkerstufen sowie als Schalt- und Regelröhre in
elektronisch geregelten Netzgeräten. Für Weitverkehrsanlagen
wurde diese Röhre auch mit dem 9-poligen Postsockel unter der
Typenbezeichnung F2a geliefert. “Alles klar? Die F2a ist also
nichts weiter als eine F2a11 mit dem sogenannten Postsockel. Der,
nebenbei bemerkt, ein Beschaffungsproblem darstellt, zumindest wenn es
um größere Stückzahlen und einen schönen
Porzellansockel geht. In Japan werden sowohl Postsockel als auch andere
Röhrensockel in feiner Qualität nachgefertigt, eine
höchst erfreuliche Geschichte, die allerdings auch ihren Preis
hat. Mit einer maximalen Anodenverlustleistung von 30 Watt springen im
Eintakt-A-Betrieb bei der F2a normalerweise etwa zehn Watt heraus. Die
F2A gilt als sogenannte “Beam Power Tetrode“ - eine solche
Röhre weist im Gegensatz zu astreinen Pentoden kein übliches
Bremsgitter, sondern vielmehr zwei Strahlbleche auf; bei geschickter
Dimensionierung der beiden Strahlbleche vermeidet man den
Kennlinienknick reiner Tetroden, womit die Kennlinien einer solchen
Röhre wieder genau denen der echten Pentode entsprechen. Ach ja,
der Ausdruck “steile“ Tetrode: Die sogenannte Steilheit S
ist ein Maß für die Steuerwirkung des Gitters auf den
Anodenstrom; je größer S, desto steiler verläuft die
Kennlinie (die in der Praxis erzielbare steuernde Wirkung des Gitters
wird durch den notwendigen Außen- oder Lastwiderstand jedoch
wieder herabgesetzt, S ist also ein statischer Wert).
Ein und
derselbe Verstärker, bestückt mit so unterschiedlichen
Röhren - ein Fall, der in Bezug auf klangliche Unterschiede
natürlich sehr reizvoll ist. Denn mit Ausnahme einiger auf die
jeweilige Endröhre bezogener Kleinigkeiten gleichen sich F2a- und
300B-Cortese wie ein Ei dem anderen. Zudem tauchte die Frage auf, ob es
denn wirklich immer die viel beschworene Triode sein muss... Okay: Den
sattsam bekannten zweistufigen, via Triode angesteuerten
Trioden-Eintakter anzubieten, käme in Ken Shindos Laboratorium
nicht einmal den Hilfslötern in den Sinn. Oh, sorry: Wie ich
inzwischen in Erfahrung bringen konnte, handelt es sich bei den wenigen
Assistenten Ken Shindos gewiss nicht um profane Platinenbestücker.
Der Meister bewahrt seine Schaltpläne nämlich nicht im
Rechner, sondern vielmehr im Kopf auf und pflegt seinen Mitarbeitern
schlicht einen Prototypen vor die Nase zu stellen. Der dann
bitteschön penibel nachzufertigen ist. Frei verdrahtet, versteht
sich, und unter Zuhilfenahme eines schwer durchschaubaren
Bauteilsortimentes, das eine bunte Mischung aus “new old
stock“ und supermodern darstellt. Beispiele gefällig? Okay:
Konstruktiv steinalte Mehrfach-Elkos und moderne Widerstände,
gleich daneben Kohleschicht-Oldies, ein Stück weiter dann -
Waaaas? Blasphemie! - ein Transistor. Oh, gut, das böse, böse
Silizium verseucht natürlich nicht den Signalweg, sondern sitzt
vielmehr im Netzteil, genauer gesagt: als Regler in der
Anodenspannungsversorgung. Dort wird die Gleichspannung mit Hilfe eines
Röhrengleichrichters gewonnen, dann simpel mithilfe einer Spule
sowie besagter Mehrfach-Elkos geglättet, schließlich auf
schaltungstechnisch höchst einfache Art mit dem Transistor
stabilisiert. Und bevor ein paar Superschlaue jetzt gleich wieder
eMails verfassen: Auch das Netzteil ist Signalweg - aber diesen Exkurs
sparen wir uns bitte für ein Röhren-Bastelbuch auf.
| | | nächste Seite | |
| |
|
|