Testbericht
Concertino
in
Image-Hifi
Heft 31

Autor
Roland Kraft




























































Inhalt



 
Shindo Laboratory »Concertino«

Ein preisgünstiger Stereo-Endverstärker hieß das Ziel dieser Entwicklung von Ken Shindo. Und die Vorgabe wurde erreicht, schlägt die Concertino doch ohne Röhrensatz mit lediglich 4600 Mark zu Buche. Die Endröhre heißt selbstredend 300B, und bei der Bestückung mit der Cetron-Inkarnation der berühmten Triode muß der Concertino-Interessent 6000 Mark überweisen: 6500 Mark sind hingegen fällig, wenn die neue Western Electric-300B im Sockel steckt. Zweifellos die beste Lösung, denn immerhin sieht schon die Garantiezeit der Röhre so aus, als könnte sie im Sockel festrosten.

Gleich daneben ist auf dem Chassis ein Glaskolben zu entdecken, der bisher in HiFi-Anwendungen nur selten anzutreffen war: “ECL82“, sagt der Stempel auf dem Glas - eher die Domäne der Radiosammler, die diese kleine Verbundröhre immer in der Ersatzteil-Schublade haben. Das Datenbuch teilt dazu mit, dass hier sowohl ein Trioden- als auch ein Endpentodensystem eingeschmolzen wurde, was typisch für das Effizienzdenken der damaligen Zeit ist: Vorverstärkung oder Phasendrehung mit Hilfe der Triode, Endverstärkung via Pentode. Beide Systeme laufen dabei mit einer gemeinsamen Heizung. So ließ sich extrem einfach mit Hilfe von nur zwei Röhren eine kleine Gegentakt-Endstufe realisieren, die nicht nur Radiolautsprechern zu erstaunlicher Klangfülle verhalf, sondern auch einige frühe Stereoverstärker befeuerte. Dem Röhren-Altmeister Ken Shindo, der von den meist nur zweistufig aufgebauten 300B-Standardverstärkern nicht viel zu halten scheint und stets eine echte Treiberstufe vorsieht, muss die ECL82 als geradezu prädestiniert erschienen sein: Ihr kräftiges Pentodensystem macht der 300B richtig Dampf. Die Triode in der ECL82 dient als Eingangsverstärker, dem - ebenfalls bei Shindo so üblich - zwei Pegelregler vorgeschaltet wurden.

Dass die Umsetzung der CE-Bestimmungen inzwischen auch bei Shindo-Verstärkern Spuren hinterließ, zeigt schon die Optik der Concertino, die nun Siebkondensatoren, Netztrafo und Übertrager unter einer einzigen Haube versteckt. Bisher ebenso ungewohnt bei den grünen Geräten: Statt des fest montierten Netzkabels ziert nun eine Kaltgeräte-Netzbuchse die Verstärkerrückseite. Keine Abweichung von alten Pfaden ergibt dagegen die Analyse der verwendeten Bauteile: Denn immer noch setzt Ken Shindo auf altertümlich erscheinende Verbund-Elektrolyt-Kondensatoren und Kohlemasse-Widerstände, zusätzlich sind höchst moderne Metallfilm-Widerstandstypen zu entdecken. Außerdem zeigt sich auch hier wieder die Vorliebe für ganz bestimmte Kapazitäten von Sprague, RCA und Mallory. Nicht minder geläufig ist dem Kenner die großzügig ausgeführte Freiverdrahtung des Verstärkers, dessen Lötstellen akribische Handarbeit bezeugen.


Im Netzteil wird selbstverständlich wieder eine Gleichrichterröhre verwendet, die vorgesehene Bestückung mit GZ32 oder GZ34 erzeugt genug Anodenstrom für die beiden ECL82 und die zwei 300Bs. Letztere werden mit Gleichspannung geheizt, wobei der Japaner auf die häufig an dieser Stelle verwendeten Spannungsregler bewusst verzichtet und stattdessen eine passive Anordnung mit Brückengleichrichter und Widerstands-Siebkette vorsieht. Kräftig dimensionierte Widerstände, die bei Bedarf angepasst werden, ermöglichen die präzise Einstellung auf fünf Volt Heiz-Gleichspannung. Keine Überraschung bietet auch das Lautsprecherterminal: Wie immer bei Shindo sind antiquarisch erscheinende Schraubklemmen eingebaut; auf eine Vier- und Acht-Ohm-Übertrageranzapfung wurde seltsamerweise verzichtet, so dass die Impedanzanpassung ein kleines Rätsel und damit dem Versuch überlassen bleibt. Und als handfeste Überraschung muss gelten, dass die Concertino mit einer Gegenkopplungsschleife aufwartet, die von den Lautsprecheranschlüssen zurückführt  bei echten Eintaktfreaks gilt Gegenkopplung ja schon als Teufelswerk... Ebenfalls überraschend sind nunmehr vergoldete Cinchbuchsen, fast ein Fauxpas in den Augen gestrenger Jünger, die mit Rhodium plattierte Kontakte klar vorziehen.

Eingebrannte 300Bs vorausgesetzt - neue WEs brauchen locker 50 Stunden, um zu Potte zu kommen - vermag die Anmut dieses Verstärkers sofort zu begeistern. Zwar weniger autoritär und längst nicht so basskräftig wie die Audio Note Quest, ist der Ton der Concertino deutlich reiner, gefälliger. Und obwohl weit entfernt von der Durchschlagskraft einer 211-Cayin, steht mehr innere, eben subtilere Dynamikentfaltung zur Verfügung. Der kristallklaren Vorstellung einer Octave-Kombi setzt die viel weniger analytische Shindo musikalische Integrationsfähigkeit entgegen, scheinbar intensiviert sie den Ton, verleiht ihm Echtheit und Substanz. Obwohl der Raum weniger hell ausgeleuchtet wird, bekommen feine Details mehr als genug Gelegenheit, sich auszubreiten, zu wirken. Und wo viele Verstärker ganz versagen, nämlich bei den Klangfarben, da offeriert die Concertino ihre Riesenpalette ohne den bei Trioden so oft vorhandenen Zuckerguss. Sonnenklar: Hier haben wir die 300B mit der bislang besten Preis/Leistungsrelation.


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