Testbericht
in
image-hifi
Heft 45

Mai/Juni
2002

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Inhalt



 
Dann bewies der Newcomer jedoch mit vollem Spielwitz und begeisternder Dynamik, dass er über eine exzellente Phonostufe verfügt, an der es rein gar nichts auszusetzen gibt. Und darüber hinaus ist jenes gewisse Etwas wieder vorhanden, jener so wichtige Schuss Magie, den Ken Shindo offenkundig in jedes seiner Geräte irgendwie hineinzubauen versteht. Wobei der gebannte Zuhörer nicht umhin kann, anmerken zu müssen, dass sein betagter Allegro zumindest in Bezug auf Grobdynamik das unterlegene Gerät ist und mit dem zwar immer formvollendet, aber nötigenfalls heftig zuschlagenden Aurièges in Bezug auf reinen Elan nicht mehr ganz mithalten kann.

Nicht zuletzt deshalb werden sich Shindo-Einsteiger sogar eher mit dem Aurièges als mit den "grösseren" Modellen anfreunden können. Deren Kunst besteht nämlich auch aus bewusstem Weglassen, will sagen aus einer strengeren Konzentration auf das musikalisch Wesentliche. In diesem Sinne präsentiert sich der Aurièges noch einen Tick, ja, "hifi-istischer", als vielleicht angepasster an highfidele Bedürfnisse wie etwa Detailauflösung, Räumlichkeit, Durchzeichnung und Biss, wobei vor allem Letzterer für bisweilen schon spektakuläre Klangmomente garantiert. Er kann zwischendurch ganz schön zuschlagen, der Kleine, ist womöglich der aggressivste Shindo, der mir bis dato unter die Finger kam. Dass Formalien, wie etwa Geräuschspannungsfreiheit oder Kanaltrennung, völlig in Ordnung gehen, verdient vielleicht nur am Rande Erwähnung, in dieser Beziehung leistete sich bis heute kein einziges Produkt aus der tokiotischen Edelschmiede irgendeinen Schnitzer. Sprechen wir lieber wieder über den Klang, einen Klang, der auf ganz erstaunliche Weise die Verbindung zum Lautsprecher aufgibt und sich völlig abgelöst vom Schallwandler auf einer schon riesigen Bühne präsentiert. Es hängt nur noch vom Material ab, wie dreidimensional dieser Vorverstärker abbildet, der übrigens nicht alles nebulös nach hinten schiebt, sondern sich auch zum Greifen nahe vorne, weit vor der Lautsprecherebene zu manifestieren versteht.

Dass er darüber hinaus zumindest im Teamwork mit der ebenfalls in dieser Ausgabe besprochenen Vaic-Endstufe , spektakulär tief in den Basskeller hinabspielt, mag auf das Konto fehlender Übertrager und entsprechend dimensionierter Koppelkondensatoren gehen. Mit im Lieferumfang befinden sich ausserdem erdige Substanz und genug Volumen, um einen fülligen, aber stets disziplinierten Eindruck zu hinterlassen. Was nicht heissen soll, dass der Aurièges mit ein klein wenig Hüftspeck daherkommt, sondern vielmehr, dass er "untenrum" glaubhaftes Stehvermögen besitzt. Was, nebenbei bemerkt, präzise jene Form von klanglicher Souveränität ausmacht, an der es Einsteiger-Komponenten meist fehlt. Zu meinem rabenschwarzen Pech fällt es mir ansonsten schwer, zwischen dem einst viel teureren Allegro, dem Monbrison und dem Aurièges dahingehend zu unterscheiden, dass man definieren könnte, wo denn nun die Latte hängt. Will sagen: Unabhängig vom Preis und seiner Stellung innerhalb der firmeneigenen Hierarchie könnte (oder wird?) der Aurièges auf meinem Rack Staub ansetzen, ohne die geringste Unzufriedenheit aufkommen zu lassen. So hangelt er sich mit exquisitem Ton und der verlangten Grazie beispielsweise auch durch meinen Bestand an mittelalterlicher Musik, wo es mir in erster Linie auf Klangfarbentreue und innere Dynamik ankommt sowie auf die Fähigkeit, Subtilität und Eleganz walten zu lassen.

Uneingeschränkt darf ich diesmal auch der Linestufe bescheinigen, ihren Job auf höchstem Niveau zu verrichten - via CD stellt sich ebenfalls stante pede das Gefühl ein, fernab simpler Reproduktion dorthin zu treffen, wo beim Zuhörer im bestmöglichen Fall Emotion statt Analyse ausgelöst wird. Zurücklehnen ist angesagt, und das, obwohl man immer noch zu sagen vermag, wie bedauerlich gross die Distanz zwischen digital und analog immer noch ist (wäre es andersrum, sollten Sie Ihr Vinyl-Equipment einer kritischen Betrachtung unterziehen ...). Dennoch lässt der Aurièges bei den Silberlingen nie das Gefühl aufkommen, etwas sei irgendwie unrichtig oder gar ermüdend. Im Gegenteil: Ein paar Tage Pause für den Plattendreher sind ohne weiteres drin, man wühlt sich währenddessen frohgemut durch die CDs, konstatiert stirnrunzelnd Gurken oder freut sich über durchweg gelungene Bit-Konserven, deren Abstand zur Platte mit Hilfe des Aurièges auf nicht mehr diskussionswürdige Zentimeter zusammenschrumpft.

Komponenten der Testanlage
Laufwerk: Platine Verdier
Tonarme: Ortofon 309, SME 3012
Tonabnehmer: Ortofon SPU A, Denon DL103
Übertrager: Ortofon, Shindo, Auditorium 23
Vorverstärker: Shindo Allegro
Endverstärker: Shindo Palmer, Vaic Audio Classic 32B, Welter EbIII
CD-Player: Linn Mimik, Sony PSone
Lautsprecher: Auditorium 23 Rondo, Triangle Titus XS
Kabe: Auditorium 23, HMS, Ortofon, Sun Wire Phono
Zubehör: Netzfilter Einstein The Mains, "Die Bank" & Niederfrequenzdämpfer D172 von Schreinerei Norbert Gütte, Sun Leiste

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