Händlertest
in
STEREO
Heft 7
Juli 1995

Autor
Heinz Zulauf















































































































Inhalt



 
Der Auftrag der Redaktion verhieß Schwerstarbeit. Ich sollte mich um ein HiFi-Geschäft in Frankfurt kümmern. das überhaupt nicht ins gängige Bild der High End-Szene passe. Keith Aschenbrenner ist eine Institution. Besuch bei einem Klang-Guru.
Solo für Keith

Im Telefonbuch verbirgt sich das Objekt meiner Hörbegierde unter dem schlichten Eintrag "Aschenbrenner, Keith", ohne näheren Hinweis auf das Gewerbe des Besagten. Nachdem sich der Inhaber persönlich am anderen Ende der Leitung meldete, trage ich ihm mein Leid vor. Irgendwie stelle mich meine Anlage nicht mehr zufrieden. Bei der Erwähnung meiner einst mit viel Herzblut ausgesuchten Infinity-Accuphase-Philips-Anlage spüre ich fast körperlich, wie der Meister am Telefonhörer zusammenzuckt. Ein wenig Trost kann ich Aschenbrenner mit der Erwähnung meines Thorens TD 160-Laufwerks spenden, das mit seinem SME-Tonarm und dem Ortofon-Tonabnehmer immer noch fleißig in Betrieb sei.

Gleich im Anschluß an die Frage nach der Einrichtung des Hörraums outet sich Aschenbrenner unzweideutig als eingefleischter Analogie, der von der digitalen Wiedergabe herzlich wenig angetan sei. Bereits vor Jahren sei man im übrigen darauf gekommen, daß die einzig erstrebenswerte Art der Verstärkung des Eingangssignals ein Trioden-Röhrenverstärker sei, dem gerade kürzlich eine renommierte Fachzeitschrift die HiFi-Tauglichkeit abgesprochen habe, da er noch nicht einmal den Mindestanforderungen der DIN genüge tue. Die geringen Ausgangsleistungen dieser Verstärker-Dinosaurier und ihre Schwierigkeiten im Umgang mit niedrigen Impedanzen führten dann wiederum zwangsläufig zu Hornlautsprechern, die in der Lage seien, mit den glimmenden Röhren fertig zu werden. Meinen leisen Einwand nach möglichen Verfärbungen bei den Hörnern deklarierte Aschenbrenner zum gängigen Vorurteil, dem nur durch ausgiebige Hörsitzungen beizukommen sei.

Bewaffnet mit einem Riesenstapel meiner Lieblings-LPs und deren CD-Pendants, sowie einigen Silberscheiben, deren Klang auf der Heimanlage ich in-und-auswendig kenne, mache ich mich auf den Weg zur angegebenen Adresse im Frankfurter Stadtteil mit der hohen Ausländerquote. Praktischerweise hat sich eine der Mega-HiFi-Ketten einschließlich üppigem Parkhaus ganz in der Nähe von Aschenbrenner angesiedelt, so daß mir zumindest das übliche Strafmandat wegen Falschparkens erspart bleibt. Die verschlossene Ladentür des ortstypischen alten Gründerzeithauses verlangt nach dem Einsatz der Klingel, aber nachdem Aschenbrenner mir dann geöffnet hat, präsentiert sich das Studio als wirkliche Oase der Ruhe. In einem etwa 30 qm großen Hörraum ist die Anlage für unsere Sitzung bereits präpariert. Das Ganze wird übrigens am Ende runde drei Stunden dauern und während der gesamten Zeit stören uns weder andere Kunden noch die Klingel oder das Telefon.

Aschenbrenner weiß von meiner Vorliebe für Klassik und so legt er ohne große Vorreden eine schwarze Scheibe mit Tschaikowskys Violinkonzert auf den Plattenteller. Auf der schon etwas angejahrten Aufnahme des russischen Labels Melodya spielt Igor Oistrach den Solopart und sein Vater David dirigiert. Was da aus den beiden Ungetümen vor mir, die entfernt einer Chippendale-Kommode ähneln, in den Raum entlassen wird, verblüfft mich. Die Solovioline klingt seidenweich, die massiven Streicher unaufdringlich, das Blech so schmetternd, wie es klingen muß. So gehen Aschenbrenner und ich schließlich LP für LP durch, mal aus seinem Stapel, mal aus meinem Vorrat, immer schön 10 bis 15 Minuten pro Stück, und ganz langsam formt sich die Meinung über die Anlage. Der Meister kommentiert sehr sparsam, äußert sich nicht zu Aufnahmen, die er nicht kennt und verliert kein Wort über die Kette, die er für mich präpariert hat.

Klar ist, daß die Anlage ungemein ehrlich und, entgegen manchen Vorurteilen über die Klangcharakteristik von Hornlautsprechern, überhaupt nicht schönfärberisch klingt.

Schließlich gibt Aschenbrenner auch noch meinem Drängen nach einem Vergleich zwischen CD und LP nach, und wir hören in der direkten Gegenüberstellung das Beethovensche Violinkonzert mit Arthur Grumiaux und Colin Davis. Ganz klar, der Unterschied ist hörbar und der Vergleich fällt zugunsten der LP aus. Hier wird sie deutlich, die früher oft zitierte Kühle der Silberscheibe. Aber ganz klar, mit dieser Anlage würde ich zu Hause mit Freuden auch meine CDs hören. Aschenbrenner verblüfft mich auch noch mit einer weiteren Demonstration. Bei laufender LP stöpselt er zunächst den CD-Spieler von der Vorstufe ab und dann wieder an. Ein kleiner aber feiner Unterschied wird auch hier hörbar. Ohne angeschlossenen CD-Spieler klingt auch die LP etwas besser.

Ganz zum Schluß unserer langen und kurzweiligen Hörsitzung kommen wir dann auch noch zu den harten Fakten. Womit haben wir denn eigentlich gehört? Die Röhrenelektronik mit der feinen, wertigen Optik kam aus dem Hause Shindo Laboratory des Japaners Ken Shindo und bestand aus der Vorstufe Catherine und der Doppel-Mono-Endstufe Talbot. Als analoge Quelle diente das Laufwerk Platine Verdier aus Frankreich, bestückt mit einem langen Arm und einem System ebenfalls aus dem Hause Shindo ebenso wie die riesigen Lautsprecher Latour. Kein billiges Vergnügen also, aber wo gibt es mehr Hörerlebnis für´s Geld?

Für mein eher bescheidenes Budget kann mir das Auditorium 23 aber auch Trost bieten. Einsteigern wird ein Uchida Endverstärker-Kit empfohlen. Zusammen mit dem Bausatz-Lautsprecher Triangle TQWT und einem guten preiswerten CD-Spieler, der direkt an die Uchida angeschlossen wird, kann man so schon relativ preisgünstig seine Silberscheiben genießen. Dazu dann noch das Vorstufen-Kit Claret von Shindo und ein gutes Analoglaufwerk, wie z.B. der Rega Planar 3 mit Denon Tonabnehmer, und schon hätte ich für mein Budget etwas Feines gehabt.

Über meine finanziellen Resourcen machte sich Aschenbrenner allerdings wohl am allerwenigsten Gedanken. Er schien nämlich keineswegs darauf aus zu sein, mir etwas verkaufen zu wollen. Wir trennten uns mit der Vereinbarung, daß ich mit dem Höreindruck aus dem Studio nach Hause gehen solle, um meine eigene Anlage noch einmal ausgiebig zu vergleichen. Wenn ich wollte, könne ich gerne noch einmal zum Hören wiederkommen. Dann könne man ja auch andere, preiswertere Ketten einmal im Vergleich hören. Ganz langsam werde sich dann eine Meinung über den Wert oder Unwert des Angebots von Auditorium 23 bilden. Mein Mund muß meilenweit offengestanden haben, als ich das gastfreundliche Studio verließ. Und das lag sicher nicht nur an meinem Hunger.

Keith Aschenbrenner ist wirklich eine Institution. Wer sich leid an Allerweltskost gehört hat und das Besondere sucht, findet in ihm einen kompetenten, fairen und musikbegeisterten Berater und Partner.