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Übersetzung eines Artikels von Jean Hiraga mit freundlicher Erlaubnis des Autors
aus “La Nouvelle Revue du Son“ Dezember 2000
Inhalt
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| | | | | | | | Das Geheimnis der “Musikalität“ von Jean Hiraga
Die Realität und die Suche nach dem vernünftigsten Kompromiß.
Moderne
Lautsprecher haben fast immer, jedenfalls auf dem Papier, alles was man
braucht um Klänge jeder Art wiedergeben zu können: Einen
Frequenzbereich von 20 oder 30 Hz bis 20 KHz, korrektes
Phasenverhalten, geringe harmonische und Intermodulationsverzerrungen
bei kleinen und großen Pegeln, Impedanzverlauf fast wie bei einem
ohmschen Widerstand, perfektes Impulsverhalten, unproblematische
Leistungsaufnahme und Empfindlichkeit, lineare Beziehung zwischen
zugeführter elektrischer und abgegebener akustischer Energie und
ein resonanzfreies Gehäuse, das weder Kantenreflektionen noch
parasitäre Vibrationen und stehende Wellen kennt. Die
Realitäten des Marktes lassen diese Qualitäten in einem
anderen, eher theoretischen Licht erscheinen: Einschränkungen bei
Größe, Gewicht und Preis bestimmen das Erscheinungsbild des
typischen Lautsprechers des Jahres 2000. Entsprechend enger wird das
Bewegungsfeld des Entwicklers.
Die Wichtigkeit der spektralen Balance
Von
der früher häufiger zitierten "Regel 400 000" ist heute kaum
noch die Rede, obwohl sie erklären hilft, warum ein altes
Dampfadio allen Fehlern zum Trotz ausgesprochen gut klingen kann.
Psychoakustische Untersuchungen können hier weiterführen,
indem sie die Bandbreiten definieren, die zufriedenstellende tonale
Balance bringen. Die Erkenntnis mag überraschen, daß eine
Baßwiedergabe, die wie bei vielen Lautsprechern üblich bei
70 Hz einsetzt, eine Begrenzung der Höhenwiedergabe ab 12kHz
erforderlich macht, um die subjektiv zufriedenstellende spektrale
Balance herzustellen.
Eine untere Grenzfrequenz von 270 Hz
verlangt nach einer Höhenbeschneidung ab 3 kHz, wir bewegen uns
also schon im Bereich der “Telefonqualität“, in einem
Bereich also der definiert ist durch das Ziel optimaler Stimmwiedergabe
trotz einer subjektiven Qualitätsminderung von 60%! Die meisten
Lautsprecher mit ihrem nach oben verlagerten Übertragungsbereich
verfehlen diesen grundsätzlichen Anspruch. Natürlich
hätte ein Produkt, das mit einem Frequenzgang von 80 Hz bis 9 kHz
nur 6% Klangverlust riskierte, keine Marktchance. Außerdem
muß man in Betracht ziehen, daß im Gegensatz zu
früheren Zeiten die Musik ihren spektralen Schwerpunkt mehr in den
Mitten und Höhen hat, mit Schlagzeug, Rhythmusgeräten,
synthetischen Klängen. Diesen Bereich darf man folglich nicht
untergewichten, der Anspruch kann sich also nur auf eine verlustfreie
Wiedergabe aller Signale von 20 Hz bis 20 kHz richten, d.h. auf eine
Baßwiedergabe die Kompromisse bei Größe und Preis
schwer macht, beginnt doch der Bereich der tatsächlich
reproduzierten Frequenzen bei den meisten Lautsprechen erst bei 60-70
Hhz.
Das Geheimnis des “musikalischen Klangs“
Wenn
Bandbreite und spektrale Balance die wichtigsten Parameter für die
richtige Klangfarbenwiedergabe sind, wirken doch noch andere Faktoren
auf das Endergebnis ein: dynamische Fähigkeiten, geringe
Verzerrungen bei höherer Leistung, geringe und gut kontrollierte
Richtwirkung. Das Zusammenspiel dieser Faktoren ist bei jedem
Lautsprecher anders und bestimmt seinen ganz speziellen Klang. Das Ohr
ist bei all seinen Schwächen dabei ein zuverlässiges
Instrument; um seineWahrnehmungen zu bestätigen muß man
allerdings neue Meßmethoden anwenden. Die Untersuchung der
Erstreckung des Dynamikbereichs im Verhältnis zur Frequenz bei der
Wiedergabe von impulsförmigen Klängen kann hier
weiterführen. M. Kuriyakawa hat 1979 bei Toshiba
entsprechende Forschungen durchgeführt. Dabei hat sich gezeigt,
daß Hochtöner, die theoretisch ideal, nämlich bis 25
kHz linear funktionieren, bei solchen Messungen einen auf 8-10 dB
begrenzten Dynamikbereich bei 10 kHz aufweisen. Ein anderer sehr
erhellender Test ist das extrem langsame Durchfahren des
Frequenzbereichs, bei dem sich schmalbandige Vibrationen aufspüren
lassen, die von der Chassisbefestigung, von schwingenden
Weichenkomponenten oder von Gehäuseteilen herrühren. Auch die
"Höhenverzerrungen", das Jitterproblem der Lautsprecher, kommt
hier zum Tragen. Japanische Untersuchungen aus der Zeit zwischen 1978
und 1995 haben solche Verzerrungen belegt, die bei Impulsen bis zu 5%
betragen können: Teilschwingungen der Membran, verzögerte
Reaktion die der von der Schwingspule ausgeübten Kraft
entgegenwirkt, Resonanzen mit destabilisierender Wirkung auf die
benachbarten Frequenzen. Der Kammerton ist mit 440 Hz definiert, nicht
mit 465 Hz, das absolute Gehör kommt über 1 Hz Abweichung
schon nicht hinweg!
Alles das können wir hören - bei
Stimmen, bei einem Klavieranschlag, überall da wo
Meßinstrumente leider garnicht nützlich sind.
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